Ulrike Oehler
„Gott hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie.“
(Philipper 2,9-11)
Aus einem alten Kirchenlied stammen diese Worte. Wahrscheinlich ist es das älteste Lied des Neuen Testaments. Etwa zwanzig Jahre nach der Kreuzigung Jesu ist es schon gesungen worden.
„Darum hat ihn auch Gott erhöht.“ Das ist im Perfekt gesagt: „Hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist.“ Niemand kann es rückgängig machen. Es hängt nicht von den Kirchen ab, ob Jesu Name über alle anderen Namen erhöht ist.
Was ist mit dem Namen Jesus verbunden? Was macht diese Gestalt so einmalig? Es sind seine Worte und Taten. Er hatte Erbarmen mit der Witwe, deren einziger Sohn gestorben war (Luk 7,11-15). Er hatte Erbarmen mit den Fünftausend unter freiem Himmel, die ohne ihn nicht satt geworden wären. (Mk 6.30-44) Er hatte Erbarmen mit der Frau, die schon fünf Männer verbraucht hatte und es gerade mit dem sechsten probierte. (Joh 4,17-18) Er hatte Erbarmen mit dem Bräutigam, dem beim Hochzeitsfest der Wein ausgegangen war; die Hochzeitsveranstalter wären blamiert gewesen, hätte Jesus nicht eingegriffen. (Joh 2,1-11) Er hatte Erbarmen mit einem, der gleichzeitig mit ihm gekreuzigt wurde; ihm sagte er vor seinem Sterben das tröstende Wort: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Luk 23,43) Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Worten und Taten Jesu. Sie machen seinen Namen einmalig, unvergleichlich höher als alle sonstigen Namen der sogenannten „Promis“.
Jesus – das ist der Name jener Gestalt, die nur für andere da ist. „Er nahm Knechtsgestalt an.“ Für keinen Dienst an anderen war er sich zu fein. Er hat nicht andere für sich sterben lassen, wie die Generäle in den Kriegen. Jesus ist selbst für andere gestorben. „Ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ Der Christus, der sich selbst erniedrigte, wurde erhöht. In seiner Passion wurde Jesus verhöhnt und verspottet. Aber er ist der, dem sich schließlich alle unterwerfen müssen und bekennen: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen.“ (Mk 15,39) Der erste, der das gesagt hat, war ein römischer Hauptmann. Er stand beim Kreuz dabei, als Jesus laut schrie und verschied. Seiner Religion nach war der Hauptmann ein Heide.
Wozu erinnert Paulus an Christus, der sich selbst erniedrigte? Die Absicht des Apostels erkennen wir aus dem Vers 5: „Ihr sollt unter euch so denken, wie man denkt, wenn man zu Christus gehört.“ „Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“ Warum muss Paulus das den Christen in Philippi sagen? Es gab dort Spannungen in der Gemeinde. Man hat gestritten, teils aus echten Gründen und teils aus persönlichem Ehrgeiz. Es fehlte an wirklicher Gemeinschaft. Wer das als Christ bei sich und bei anderen beobachtet, stürzt schnell in tiefe Zweifel. Gedanken der Resignation überfallen ihn: Wofür ist das Christentum eigentlich gut, wenn Menschen, die zur Gemeinde gehören, auch nicht viel anders miteinander umgehen als Menschen anderswo? Leute, die von solchen trüben Gedanken heimgesucht werden, erinnert Paulus an das Christuslied. Das Lied führt uns weg vom Grübeln und hin zu Christus. Dem ging es nicht um sich und nicht um seine Ehre. Christus ging es um die Menschen. Die hatten seinen Dienst bitter nötig. Paulus führt uns hin zu Christus. „Er, der in göttlicher Gestalt war, erniedrigte sich selbst. Darum hat ihn auch Gott erhöht.“
Wir sind in die Christusgemeinschaft aufgenommen. Darum, „seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“
(Prälat: Helmut Barié, Mai 2023)
In diesem Glauben und Vertrauen beten wir
Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden, unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn Dein ist das Reich, und die Kraft, und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen
Vorstand des Evangelischen Stift Freiburg